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von Reiner
Zwei Wochen Urlaub, Anfang Oktober. Eigentlich wollten wir renovieren, stellten dann aber fest, dass es nach zwei Jahren wohl doch noch nicht so zwingend notwendig war. Die Erkenntnis, dass das ganze Vorhaben zudem irgendwie mit Arbeit in Verbindung zu stehen schien, trug sicherlich entscheidend zur Sinnesänderung bei, mal auf die Schnelle zwei Wochen nach Elba zu fahren.
Gesagt, getan. Koffer packen und rauf auf den Highway. Dieses mal ergab es sich, dass wir die Strecke ohne Übernachtung, die wir ja sonst immer im Tessin einplanten, bewältigen wollten.
Es war schon dunkel als wir in Piombino ankamen. Dass keine Fähre mehr verkehrte erfuhren wir am Hafen als wir vergeblich versuchten Tickets zu erhalten. Um diese Jahreszeit fuhren halt um neun Uhr abends keine Fähren mehr.
Naja, müssen wir halt hier übernachten, dachten wir relativ entspannt, denn bei unseren Fahrten ins Blaue kann so etwas halt mal vorkommen.
Die unverhoffte Suche nach einem freien Zimmer gestaltete sich gar nicht so einfach. Piombino machte ja nun nicht gerade, vor allem bei Dunkelheit, einen einladenden Eindruck und ausgekannt hatten wir uns erst recht nicht. Hinweise auf Hotels fanden wir einige, aber da wir nach dem äußeren Eindruck gingen, konnten wir uns doch nicht so schnell entscheiden.
Gegen halb elf Uhr abends fanden wir endlich ein ansprechendes Domizil. An der Rezeption verstand man unser Anliegen sofort, zumal wir den Fehler begingen von unserer misslungenen Überfahrt zu berichten.
Der Empfangschef tat sich sichtlich schwer ein freies Zimmer im Belegungsbuch zu entdecken; jedenfalls vermittelte er mit entsprechender Gestik und einem ständigen Grummeln diesen Eindruck.
Nach angestrengtem Nachdenken und einigen Selbstgesprächen konnte er uns doch noch ein Zimmer anbieten, ausnahmsweise und nur für eine Nacht, was er eindringlich betonte. Etwas anderes wünschten wir ja auch gar nicht und zeigten uns deshalb zufrieden, zumal er sich so bemüht hatte.
Das Zimmer habe Balkon und Meerblick, was uns in dieser Situation nicht sonderlich interessierte, und zu einer Garage für das beladene Auto riet er uns auch. Jaja, wenn man nach Italien fährt muss man sehr vorsichtig sein und die Taschen zunähen – diese Sprüche kannten wir aus der Heimat, hauptsächlich von den Zeitgenossen, die genau aus diesen Gründen noch nie in Italien waren. In diesem Fall befolgten wir allerdings den Rat des Einheimischen.
Für den Preis hätten wir allerdings drei Tage auf Elba verbringen können, aber jetzt um Mitternacht noch weitersuchen? Im Auto zu nächtigen trauten wir uns dann doch nicht.
Con Colazione? fragte der zuvorkommende Hotelmensch. Ja, natürlich mit Frühstück. Dass das Frühstück noch einmal mit umgerechnet fünfzehn Mark pro Person in Rechnung gestellt werden sollte, erfuhren wir erst am nächsten Morgen.
Das Zimmer war in Ordnung. Auf dem Balkon wollten wir noch kurz auf das Meer blicken aber wir sahen es nicht. Es war ja auch dunkle Nacht.
Am nächsten Morgen allerdings taten wir uns auch schwer dieses zu entdecken. Dort links an der Hauswand entlang blickend, zwischen den folgenden zwei Häusern hindurch konnten wir tatsächlich das Blau des Meeres erkennen. Aber was soll’s; auf zum Frühstück und dann nach Elba!
Im Frühstücksraum angekommen, führte uns der Kellner zu einem Tisch und fragte, ob wir Kaffee wünschten, was wir bejahten. Bei genauerer Betrachtung fiel uns auf, dass wir an dem einzigen eingedeckten Tisch saßen, obwohl das Hotel doch viel belegt war, was uns gestern Abend Glaubens gemacht werden sollte. Das Buffet war auch noch nicht gerichtet. Die anderen Gäste waren offensichtlich Langschläfer.
Das Frühstück könnte nun eigentlich kommen , dachten wir nach einiger Zeit des Wartens und gaben dieses dem Kellner zu erkennen. Mit ungläubiger Mine, nicht richtig verstehend, was wir eigentlich wollten, deutete er auf den kleinen Korb in der Mitte des Tisches, La colazione! Das soll das Frühstück sein? Ein paar Kekse und zwei abgepackte Schokohörnchen. Aber ja doch, ein italienisches Frühstück sieht halt so aus. Heute wissen wir, dass ein Italiener wenig frühstückt, allerdings wird in den meisten Hotels mehr angeboten.
Spätestens beim Begleichen der Rechnung war uns klar, um ein paar Erfahrungen reicher geworden zu sein. Ausgebucht war das Hotel sicher nicht. Die Gelegenheit nutzen war offensichtlich die Devise.
Wenn man sich allerdings mit der italienischen Lebensart beschäftigt, sollte man solche Erfahrungen höchstens einmal machen, frei nach der Devise: Du Schlitzohr – ich auch